Heilpflanzenwissen schwindet mit indigenen Sprachen
Bis Ende des Jahrhunderts könnten Schätzungen zufolge rund 30 % aller weltweit gesprochenen Sprachen ausgestorben sein – und mit ihnen drohen auch wertvolle Kenntnisse über viele Medizinpflanzen verloren zu gehen. Vor allem in indigenen Kulturen, in denen das Heilpflanzenwissen besonders groß ist, werden Sprachen oftmals nicht schriftlich fixiert. Entsprechend werden auch Kenntnisse zu einzelnen Heilpflanzen nur mündlich von Generation zu Generation überliefert. Gerade diesen Gemeinschaften gehen jedoch die Sprecher aus. Sowohl die fortschreitende Zerstörung des Regenwaldes als auch die kulturelle Globalisierung bedrohen die Lebensgrundlagen und Sprachen vieler indigener Gemeinschaften.
Besonders brisant: Mehr als 75 % aller Anwendungsmöglichkeiten von Arzneipflanzen sind dabei jeweils nur einem einzigen traditionellen Volk bekannt. Darauf weist eine aktuelle Studie der Universität Zürich hin, in der knapp 3.600 Heilpflanzen und 236 indigene Sprachen untersucht worden sind. Im Amazonasgebiet sind sogar mehr als 90 % aller Medizinpflanzen jeweils mit nur einer einzigen indigenen Sprache verknüpft. Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler fordern nun, mehr für den Erhalt und die Wiederbelebung bedrohter Sprachen zu unternehmen.
© NATUR & HEILEN August 2022