Die Reise zum inneren Heiligtum
In den Schuhen eines Pilgers
Pilgern in modernen Zeiten ist nach außen hin betrachtet eine recht nüchterne Sache: Herbergssuche, leichtes Gepäck, Spaß mit Weggefährten… In gewisser Weise sind Wallfahrten spätestens seit Hape Kerkelings Bestseller über den Jakobsweg heute sogar „cool“, zumindest aber „in“. Viele der Reisenden fühlen sich aber trotz allen Rummels, der derzeit rund um Pilgerreisen herrscht, noch immer von einem Geheimnis berührt, das sie erschüttert oder gar ihr Leben verändert. Wie ist das möglich? Vielleicht weil wir in den Schuhen des Pilgers einen jahrtausende-alten religiösen Archetyp verkörpern. Und weil eine Wallfahrt das Abbild der großen Lebensreise ist, die jeder Mensch bei seiner Geburt antritt.
Der junge Musiker pilgert über die Alpen nach Rom, um Buße für eine schwere Sünde zu tun, die auf seiner Seele lastet. Um seine Bußfertigkeit zu beweisen, läuft der Pilger barfuß über Steine und Dornen, setzt sich ungeschützt der brennenden Sonne aus und verschmäht den erfrischenden Wasserquell. Unter tausend Mühen in Rom angekommen, wirft er sich vor dem Papst nieder[…]