Die Sakai-Methode gegen Knieschmerzen

Unter Knieschmerzen leiden nicht nur ältere Menschen. Auch immer mehr junge Patienten berichten über ständige Beschwerden bis hin zu heftigsten Schmerzen in den Knien. Herkömmliche Therapien führen meist zu keiner anhaltenden Besserung, oft wird vorschnell zur Operation geraten. Doch aus Japan kommt neue Hoffnung für Betroffene. Der Leiter der Sakai-Klinik in Tokio, Shintaro Sakai, der in Spezialkliniken für Rücken- und Hüftprobleme gearbeitet hat und über jahrelange Erfahrung in der orthopädischen Chirurgie verfügt, hat eine effektive Selbsthilfe-Methode entwickelt, mit der man Knieschmerzen lindern und einer Abnutzung der Kniegelenke vorbeugen kann. Erstaunlicherweise gibt es nicht wenige Menschen, die trotz eines großen Leidensdrucks nichts gegen ihre Knieschmerzen unternehmen. Stattdessen versuchen sie mehr und mehr, das Gehen und jede Bewegung, die Schmerzen verursachen könnte, zu vermeiden. Doch das führt zu einem Teufelskreis: Wenn das Knie nicht mehr bewegt wird, nimmt die Durchblutung der Muskeln, Sehnen und Bänder ab. Die Folge: Das Knie wird immer steifer. Außerdem ist die Gelenkflüssigkeit, die die Knorpel und Menisken nährt, nicht mehr im Fluss und kann daher ihre Funktion nicht mehr erfüllen. Knorpel und Menisken reiben sich immer mehr ab, und die Schmerzen nehmen zu. Das führt wiederum zu einer verstärkten Schonhaltung. Sind die Kniegelenke stark mitgenommen, versuchen andere Gelenke wie das Iliosakralgelenk, sie zu entlasten – eine Schutzreaktion des Körpers. Das bedeutet aber, dass auch diese Gelenke schneller verschleißen und ebenfalls Schmerzen bereiten. Es kommt zu immer mehr Einschränkungen der Mobilität, und im Alter kann dies schlussendlich zu Pflegebedürftigkeit und Bettlägerigkeit führen. Daher ist es wichtig, in möglichst frühem Stadium aktiv gegen Knieschmerzen vorzugehen. Wie Kniearthrose entsteht In der Umgangssprache redet man gewöhnlich einfach vom „Kniegelenk“. Tatsächlich ist dieses Gelenk jedoch ziemlich komplex und besteht genau genommen aus 2 Gelenken: einmal aus dem Kniescheibengelenk, das den medizinischen Fachbegriff PF-Gelenk (Patellofemoralgelenk) trägt, und dem Kniekehlgelenk dahinter, dem Femorotibialgelenk. Das Kniescheibengelenk wird – wie der Name schon andeutet – von der Kniescheibe (Patella) und dem Oberschenkelknochen (Femur) gebildet. Das Kniekehlgelenk verbindet hingegen den Oberschenkelknochen mit dem Schienbein (Tibia). Bei der klassischen degenerativen Kniearthrose (Gonarthrose) ist das Kniekehlgelenk betroffen. Die Ursachen sind in der Regel der Alterungsprozess, Bewegungsmangel und eine schlechte Haltung, welche die Knie übermäßig belastet. Auch Fehlstellungen der Beine wie X- oder O-Beine begünstigen die Entstehung einer Arthrose. Der typische Verlauf ist, dass die Muskeln an der Innenseite des Oberschenkels, die das Knie stabilisieren, abnehmen und sich der Raum im Gelenk verengt. Dadurch wird Druck auf die Gelenkknorpel ausgeübt, die als Puffer zwischen den Knochen dienen, und sie reiben sich ab. Auch die Gelenkschmiere verteilt sich nicht mehr richtig, sodass die Knorpel und Menisken spröde werden. Sind die Knorpel abgerieben, werden die Menisken, die ebenfalls aus dichtem elastischem Knorpel bestehen, in Mitleidenschaft gezogen. Die Splitter, die beim Abrieb von Gelenkknorpel und Menisken entstehen, reizen die Knochenhaut, und sie entzündet sich. Als Reaktion darauf sammelt sich Gelenkschmiere an, und es kommt zu einer Schwellung des Knies und starken Schmerzen. Die Pseudo-Kniearthrose Mit Erstaunen stellte der Leiter der Sakai-Klinik, Shintaro Sakai, fest, dass in den letzten Jahren immer mehr Patienten, die mit Knieschmerzen zu ihm kamen, nicht an der klassischen Gonarthrose litten. Da bei der Kniearthrose an der Innenseite des Knies Schäden entstehen, treten auch hier üblicherweise die Schmerzen auf. Doch gerade bei Jüngeren findet sich zunehmend ein anderes Muster: Bei Belastung, wenn sie ihre Knie beugen oder Treppen steigen, schmerzt es direkt hinter der Kniescheibe oder aber auch etwas unterhalb, oberhalb oder daneben. Sakai nennt diese Form von Knieschmerzen „Pseudo-Arthrose“, weil sie zwar den Schmerzen einer echten Arthrose ähneln, aber die Ursache eine andere ist. Bei uns werden diese Knieschmerzen auch als patellofemorales Schmerzsyndrom bezeichnet. Sowohl bei der Arthrose als auch bei der Pseudo-Arthrose kann es zu sogenannten Anlaufschmerzen kommen: Wenn man nach längerer Pause, z. B. beim Aufstehen oder nach dem Sitzen, das Knie bewegt, tut es weh. Die Schmerzen direkt hinter der Kniescheibe bei der Pseudo-Arthrose weisen jedoch darauf hin, dass hier nicht das Kniekehlgelenk, sondern das Kniescheibengelenk betroffen ist. Das Kniescheibengelenk muss das 6-Fache des Körpergewichts tragen und ist daher besonders belastet. Die Ausstrahlung des Schmerzes auf den Bereich ober-, unterhalb oder neben der Kniescheibe, wie sie bei dieser Form typisch ist, rührt von Gewebeschäden her: Die Bänder und Sehnen rund um die Kniescheibe sind entzündet. Gerade bei langem, häufigem Sitzen mit angewinkelten Knien werden sie permanent überspannt und verhärten sich. Das führt zu schmerzhaften Entzündungen. Die Sakai-Methode gegen Knieschmerzen Shintaro Sakai hat sich mit seiner Klinik in Tokio auf schwer behandelbare Gelenkleiden spezialisiert. Durch seine Bücher ist er auch in den japanischen Medien präsent, und zahlreiche bekannte Sportler und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sind in seiner Behandlung. Was viele schätzen: Hier wird ihnen eine Methode an die Hand gegeben, bei der sie aktiv mitwirken können. Das reduziert die notwendigen Behandlungstermine, und bei Fortführung der empfohlenen Übungen lassen sich auch zukünftige Beschwerden vermeiden. Sein Buch „Arthrose im Knie selbst behandeln“ ist das erste, das auf Deutsch erschienen ist. Die Sakai-Methode besteht aus mehreren Säulen: 1. Den Gelenkinnenraum weiten Der Kern der Methode ist es, im Inneren der Gelenkkapsel anzusetzen. Da sich der Raum im Gelenk verengt, reiben die Knorpel mit höherem Druck gegeneinander und verschleißen so schneller. Wenn sie ihre Pufferfunktion zwischen den Knochen einbüßen, kommt es zu Entzündungen und Schmerzen. Daher wird den Patienten in der Sakai-Klinik gezeigt, wie sie selbst zu Hause mit einer speziellen Übung allmählich den Raum zwischen den Knochen des Gelenks wieder weiten können. 2. Die Gelenkschmiere verteilen Die Gelenkknorpel und die Innenseiten der Menisken haben keine Blutgefäße. So findet ihre Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff ausschließlich durch die Flüssigkeit im Inneren der Gelenkkapsel, die Synovia, statt. Diese Flüssigkeit, deren Hauptbestandteil Hyaluronsäure ist, wird auch Gelenkschmiere genannt, denn sie wirkt wie Schmieröl: Sie sorgt dafür, dass die Bewegungen des Knies reibungsfrei und geschmeidig ablaufen. Doch um ihre Funktionen zu erfüllen, ist es notwendig, dass sie gut verteilt wird, damit alle Teile erreicht werden. Bei Bewegungsmangel stagniert sie jedoch. Eine der Übungen Sakais sorgt dafür, dass die Gelenkschmiere wieder in Fluss kommt und bis in die letzten Winkel gelangt. 3. Die Wiederherstellung der Beweglichkeit des Knies Bei Knieproblemen wird häufig das Knie steif. Anfangs lässt es sich nicht mehr durchstrecken, und in fortgeschrittenem Stadium wird selbst das Beugen zur Qual. Durch sanfte Dehnübungen wird der Bewegungsradius des Knies wieder erweitert. Erleichtert wird der Prozess, wenn man Wärme anwendet wie beispielsweise das Beugen und Strecken der Knie in heißem Badewasser. 4. Umliegende Muskeln stärken Bei Bewegungsmangel werden die Muskeln in der Umgebung des Knies, die das Knie stützen, immer schwächer. Das gilt für den geraden Oberschenkelmuskel, noch mehr aber für den inneren Schenkelmuskel, der an der Innenseite der Oberschenkel bis zum Knie verläuft. Letzterer wird im Alltag kaum bewegt, sodass hier ein zusätzliches Training viel bewirkt. 5. Die Teile des Körpers stärken, die Stöße abfedern Bei jedem Schritt, den wir machen, geht im Moment des Auftreffens auf den Boden eine Stoßwelle durch unseren Körper. Diese Stöße werden von den Knorpeln des Kniegelenks abgefangen, und dadurch verschleißen sie im Laufe der Zeit. Die Gelenkknorpel des Knies sind aber nicht die einzigen, die für eine Abfederung sorgen. Das Fußgewölbe und das Iliosakralgelenk helfen ihnen dabei. Das bedeutet, wenn z. B. das Fußgewölbe eingesunken oder das Iliosakralgelenk in seiner Funktion eingeschränkt ist, leiden die Knie. Daher stärkt die Sakai-Methode auch diese Körperteile, um die Belastung für die Knie zu reduzieren. Einfache, wirksame Übungen für die Kniegesundheit Im Folgenden soll ein wirksames Übungsprogramm vorgestellt werden, das sowohl bei der echten Arthrose wie auch bei der Pseudo-Arthrose wirksam ist und generell den Knien guttut. Entscheidend für den Erfolg ist, dass man es täglich durchführt und konsequent dranbleibt (lediglich die Beweglichkeitsübungen in der Badewanne müssen natürlich nicht täglich praktiziert werden). Oft dauert es ein paar Wochen, bis sich eine deutliche Besserung zeigt. Die Dehnungen dürfen leicht wehtun, aber nur so, dass Sie fühlen, dass es Ihnen guttut. Morgens nach dem Aufstehen, abends vor dem Schlafengehen und nach einem Bad sind besonders günstige Zeitpunkte für die Übungen. 1. Übung zur Weitung des Gelenkinnenraums Für die Übung brauchen Sie einen Tennisball. Sie legen sich auf den Rücken und platzieren den Tennisball in der Kniekehle des rechten Knies, dabei winkeln Sie das Knie an. Nun legen Sie die verschränkten Hände um Ihr Schienbein. Wenn Sie das Schienbein jetzt an sich heranziehen, entsteht eine Hebelwirkung, und der Ball wird fest in die Kniekehle gepresst. Halten Sie die Stellung 30 Sekunden. Verfolgen Sie in Gedanken mit, wie der Innenraum Ihres Knies geweitet wird – das verstärkt die Wirkung dieser Übung. Danach wechseln Sie das Bein. Täglich 1- bis 3-mal. Diese Übung sorgt nicht nur dafür, dass die Knochen im Kniegelenk nicht mehr aneinanderscheuern. Dadurch, dass der Spalt zwischen ihnen erweitert wird, kann sich auch die Gelenkschmiere wieder besser verteilen. Zudem wird die Elastizität der Sehnen und Bänder ober- und unterhalb der Kniescheibe durch diese Dehnung wieder verbessert. 2. Übung zur Verteilung der Gelenkschmiere Setzen Sie sich auf einen Stuhl und legen Sie die Daumenkuppen Ihrer Hände rechts und links oben an den Rand der Kniescheibe eines Knies. Die Zeigefingerkuppen werden rechts und links am unteren Rand platziert. Sie halten also die Kniescheibe mit beiden Händen fest umfasst. Die Finger drücken etwas in die Vertiefungen, sodass die Kniescheibe leicht angehoben wird. Jetzt bewegen Sie – soweit das möglich ist – die Kniescheibe nach oben und unten sowie nach links und rechts etwa 30 Sekunden lang. Als Nächstes versuchen Sie, Ihre Kniescheibe kreisen zu lassen. Tatsächlich bewegen Sie damit weniger die Kniescheibe, sondern massieren dadurch die Bänder und Sehnen oberhalb des Knies mit kreisenden Bewegungen und weiten den Raum zwischen der Kniescheibe und dem dahinterliegenden Oberschenkelknochen. Begleiten Sie zur Verstärkung der Wirkung diese Ausweitung des Raums in Ihrer Vorstellung. Danach wechseln Sie das Knie. Diese Übung ist so etwas wie eine erste Hilfe bei Knieschmerzen: Bei Knieproblemen kommt es oft zu den sogenannten Anlaufschmerzen. Wenn man sich einige Zeit nicht bewegt hat, z. B. nach längerem Sitzen oder morgens beim Aufwachen, schmerzen die Knie bei den ersten Bewegungen besonders. Der Grund ist, dass die Gelenkschmiere stagniert und nicht mehr richtig verteilt ist. Dadurch reiben die Knorpel stärker aneinander und sind spröder. Diese Übung bringt die Gelenkschmiere wieder in Schwung und verteilt sie bis in die letzten Winkel. Das Kniegelenk kann sich reibungslos bewegen und die Knorpel saugen die nährende und reparierende Flüssigkeit wie ein trockener Schwamm auf. 3. Übungen zur Wiederherstellung der Beweglichkeit des Kniegelenks a. Übung zur Streckung des Knies Legen Sie Ihr Bein gestreckt auf einem Stuhl oder Hocker ab, dessen Sitzfläche in etwa in der Höhe Ihrer Knie ist. Dann drücken Sie mit der Handfläche derselben Seite auf Ihr Knie, etwa 30 Sekunden lang. Danach die Seite wechseln. Täglich 2- bis 3-mal. Durch schlechte Haltung und wenig Bewegung im Alltag lassen sich die Knie irgendwann nicht mehr richtig durchstrecken und bleiben permanent gebeugt. Das ist aber eine schwere Belastung für die Knie, die irgendwann unweigerlich zu Knieschmerzen führt. Daher ist die Wiederherstellung der Flexibilität des Gelenks eine der wichtigsten Maßnahmen gegen Knieschmerzen. b. Beweglichkeitsübungen in der Badewanne Lassen Sie ca. 39 °C heißes Badewasser ein und wärmen Sie sich darin etwa 10 Minuten auf. • Strecken Sie Ihre Beine möglichst weit durch und drücken Sie dabei mit den Handflächen auf Ihre Knie. • Winkeln Sie Ihre Knie so weit wie möglich an, und umschlingen Sie sie mit den Armen. Ziehen Sie die Oberschenkel zu Ihrer Brust. Herausforderung: Kommen Sie mit Ihren Fersen bis zum Po? • Setzen Sie sich in den Fersensitz. Schwierig? Der Auftrieb und die Wärme des Wassers helfen Ihnen dabei. Die jeweiligen Positionen für etwa 30 Sekunden halten. Durch das heiße Wasser werden die Kniegelenke erwärmt, und sie werden geschmeidiger als sonst. Das ist eine optimale Gelegenheit, ihre Beweglichkeit zu trainieren. 4. Übung zur Stärkung des inneren Schenkelmuskels Hierfür brauchen Sie ein möglichst dickes, festes Kissen und einen Stuhl oder Hocker. Sie setzen sich auf den Stuhl und klemmen das Kissen mit den Innenseiten Ihrer Knie ein. Dann stehen Sie auf und halten das Kissen mit Ihren Oberschenkeln ganz fest. Spannen Sie bewusst den inneren Schenkelmuskel (Musculus vastus medialis) an, der oberhalb des Knies an der Innenseite der Oberschenkel verläuft. Halten Sie die Spannung für 30 Sekunden. 1- bis 3-mal täglich. Innerhalb der Kniemuskulatur, die das Kniegelenk unterstützt, ist gerade der innere Schenkelmuskel oft der schwache Punkt. Wir brauchen ihn im Alltag nur selten, sodass er vor allem bei Bewegungsmangel leicht atrophiert. Doch für die Stabilität des Kniegelenks, speziell der Kniescheibe, hat er eine wichtige Funktion. Deshalb unterstützt ein Training dieses Muskels die Kniegesundheit und lindert bereits bestehende Knieschmerzen. 5. Übung zur Dehnung des unteren Rückenbereichs Verbinden Sie 2 Tennisbälle miteinander, indem Sie ein Klebeband fest um sie schlingen. Sie sollten sich nicht mehr verschieben können. Jetzt legen Sie Ihre Faust an die Stelle, an der sich das Gesäß in zwei Hälften teilt. Genau darüber platzieren Sie die 2 Tennisbälle, sodass sie sich links und rechts von der Mitte Ihres Rückens befinden. Legen Sie sich vorsichtig auf den Boden, damit sie nicht verrutschen, und lassen Sie Ihren unteren Rücken von den Bällen 1 bis 3 Minuten dehnen. 1- bis 3-mal täglich. Es mag seltsam erscheinen, Rückendehnübungen für die Knie durchzuführen. Doch das Iliosakralgelenk im unteren Rücken, das mit dieser Übung behandelt wird, arbeitet eng mit den Knien zusammen. Es federt den Aufprall auf den Boden bei jedem Schritt durch leichte Bewegungen von wenigen Millimetern ab. Aber dazu muss es gelenkig sein. Wenn es in seiner Beweglichkeit eingeschränkt ist, trägt das Knie eine umso größere Last. Übrigens lässt sich diese Übung auch sehr effektiv für Schmerzen im unteren Rückenbereich einsetzen. Tipps für den Alltag bei Knieschmerzen Die Übungen, konsequent durchgeführt, werden mit der Zeit eine Besserung bewirken. Doch auch im Alltag können Sie einiges dafür tun, damit Ihre Schmerzen abnehmen und Sie Knieschmerzen in Zukunft vermeiden. • Gehen, aber richtig! Übertriebener Sport ist kontraproduktiv für Ihre Gelenke, doch das Schlimmste ist, sich nicht zu bewegen! Deshalb empfiehlt die Sakai-Methode Gehen, einfach nur Gehen – wann immer Sie Zeit haben. Auch tägliche Besorgungswege zählen. Doch auf das richtige Gehen kommt es an. Wenn Sie mit krummem Rücken und gebeugten Knien gehen, belasten Sie Ihre Kniegelenke unnötig. Richten Sie sich daher auf, und strecken Sie Ihre Knie beim Gehen. Der Schwerpunkt ist leicht nach hinten verlagert und das Kinn zurückgezogen. Setzen Sie den Fuß von der Ferse her auf und rollen Sie dann auf die Fußsohle ab. Bleiben Sie möglichst lange auf der Fußsohle, und stoßen Sie sich dann mit dem großen Zeh ab in den nächsten Schritt. Wenn Sie so aufrecht und geschmeidig gehen, schonen Sie nicht nur Ihre Kniegelenke, sondern auch alle anderen beteiligten Gelenke. Treppensteigen ist allerdings eine andere Sache. Wer Knieschmerzen hat, weiß, dass Treppen eine besondere Herausforderung darstellen. Hier zeigt sich der Knieschmerz oft als Erstes. Der Grund ist, dass beim Treppensteigen ein Vielfaches des Körpergewichts auf den Kniegelenken lastet. Daher rät Sakai, wenn möglich, Treppensteigen zu vermeiden. Falls es allerdings nicht zu vermeiden ist, achten Sie vor allem auf das Aufsetzen Ihres Fußes. Hier gelten dieselben Regeln wie beim Gehen. • Welche Sportarten sind geeignet bei Knieschmerzen? Bewegung ist gut, doch bei der Wahl Ihrer Sportart sollten Sie Ihre Kniegelenke berücksichtigen. Alle Sportarten, bei denen man abrupt stoppen oder Sprünge machen muss, vergrößern Ihre Beschwerden. Also kein Tennis, Volleyball, Basketball, Ballett usw. Hier ziehen sich schon junge Menschen oft gröbere Schäden zu. Auch beim Jogging macht man permanent kleine Sprünge, sodass beispielsweise Nordic Walking eindeutig zu bevorzugen ist. Bei Kniegelenkproblemen wird häufig Radfahren oder Aquawalking empfohlen. Sakai sieht allerdings auch diese Sportarten nur als bedingt geeignet an. Tatsächlich belastet Radfahren die Kniegelenke nur wenig, doch bei einem schmalen Sattel konzentriert sich das Gewicht auf das Kreuzbein. Dadurch kann sich die Funktion des Iliosakralgelenks verschlechtern, das, wie wir gesehen haben, wichtig für die Entlastung der Kniegelenke ist. Deshalb: Radfahren ja, aber auf einem breiten Sattel. Auch beim Aquawalking wird das Kniegelenk durch den Auftrieb des Wassers kaum belastet. Doch der Nachteil von Sportarten im Wasser ist, dass sie die Kniegelenke auskühlen. Selbst bei einem sehr warmen Schwimmbecken von 33 °C liegt die Temperatur unter der des Körpers. • Knie warm halten Warum ist es so wichtig, dass die Kniegelenke warm sind? Wärme steigert die Durchblutung. So werden z. B. auch die Blutgefäße der Gelenkhaut besser versorgt, und diese kann genügend Gelenkflüssigkeit absondern. Weiterhin können Schäden im Knie bei guter Durchblutung besser heilen. Und schließlich sind die Muskeln bei Wärme elastischer, und das Gelenk lässt sich leichter bewegen. Sakai empfiehlt ein heißes Bad von etwa 39 °C. Das erwärmt die Gelenke gründlich. Und man kann es – wie oben erwähnt – mit Dehnübungen kombinieren. Tagsüber sind auch Wärmepads praktisch. Sie lassen sich an der Vorder- und Rückseite des Knies anbringen. • Die Schuhe sind wichtig! Werfen Sie einmal einen Blick auf Ihre Schuhsohlen. Sind Sie auf einer Seite abgenutzter als auf der anderen? Wenn Ihre Schuhe auf der Außenseite stärker abgerieben sind, weist das auf mögliche O-Beine hin. Umgekehrt ist es ein Zeichen für X-Beine, wenn die Innenseite der Schuhe abgenutzter ist. Beide Konstellationen sind ungünstig für die Knie, doch kann der Besuch bei einem Orthopäden Abhilfe schaffen. Einlagen beispielsweise können so ein Ungleichgewicht ausgleichen. Oder fällt Ihnen auf, dass Ihre Sohlen in letzter Zeit schneller verschleißen? Möglicherweise heben Sie Ihre Füße nicht mehr richtig an und haben einen schlurfenden Gang. Da hilft es, wieder bewusst nach der Sakai-Methode zu gehen und die Füße gut abzurollen. Jedenfalls sollten Ihre Schuhsohlen immer in gutem Zustand sein, damit sie Ihre Knie optimal unterstützen können. Auch die Wahl der richtigen Schuhe hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Kniegesundheit. Gut gepolsterte Schuhe federn etwas ab und entlasten die Knie damit. Über die Knöchel gehende Schuhe dagegen behindern eher ein knieschonendes Gehen und sind daher nur im Ausnahmefall zu tragen. Das Gleiche gilt für Schuhe mit hohen Absätzen. Bei ihnen wird das Gewicht natürlicherweise nach vorn verlagert, sodass die Knie stärker belastet werden. Wenn man sie bei besonderen Anlässen einmal trägt, ist es wichtig, den Schwerpunkt nach hinten zu verlagern und die Knie durchzustrecken. Außerdem verspannen sich bei längerem Tragen leicht die Waden, was zu einer schlechteren Durchblutung führt. Bei Sandalen wiederum sind häufig die Fersen nicht richtig fixiert. Dadurch wird der Auftritt instabil. Am besten suchen Sie sich für den Alltag bequeme Schuhe mit guten Sohlen aus, mit denen Sie gut abrollen können. • Sind Gehhilfen gut für die Knie? Bei starken Schmerzen sind manchmal Gehhilfen unvermeidlich. Sie nehmen Gewicht von den Knien und erleichtern das Gehen. Zur Auswahl stehen ein Rollator oder auch ein oder zwei Stöcke. Bei zwei Stöcken fällt es am leichtesten, aufrecht zu gehen. Halten Sie die Griffe, die etwa auf Höhe des Bauchs eingestellt sind, eng an Ihrem Körper. Auf diese Weise können Sie am besten eine gute Haltung bewahren. Sakai empfiehlt dennoch, wenn irgend möglich, ohne diese Hilfsmittel auszukommen. Durch sie verlernt man den aufrechten Gang und neigt dazu, immer etwas vorgebeugt zu gehen. Außerdem verschlechtert sich bei längerer Nutzung der Gleichgewichtssinn. Für die Lebensqualität ist Schmerzfreiheit wichtig. Schmerzen in den Knien bedeuten überdies eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Man kann nicht mehr an Ausflügen, Reisen oder Wanderungen teilnehmen oder scheut prinzipiell längere Wege. Doch dadurch werden die Knieschmerzen schlimmer. Je weniger wir uns bewegen, desto mehr wird auch der Rest unseres Körpers geschädigt. Mit der Sakai-Methode können wir hingegen aktiv gegen Knieschmerzen vorgehen. Und sie hilft nicht nur bei akuten Beschwerden: Auch als Prophylaxe ist diese Methode gut geeignet, damit uns unsere Knie möglichst lange gut und ohne Abnutzungserscheinungen durchs Leben tragen. Dr. Birgit Quitterer Über die Autorin Dr. Birgit Quitterer verbrachte als promovierte Japanologin mehrere Jahre für Forschungs- und Arbeitsaufenthalte in Japan. Sie ist Autorin von Artikeln zu verschiedenen japanischen Heilmethoden und arbeitet als Übersetzerin für Japanisch, insbesondere auf dem Gebiet Medizin und japanische Heilkunde. Literatur • Shintaro Sakai: Arthrose im Knie selbst behandeln. Die erfolgreichen Methoden aus Japan für sich nutzen und endlich schmerzfrei werden. Trias-Verlag, 2022.

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