
Im Laufe unseres Lebens erleben wir immer wieder, schon bevor wir sterben, viele kleine Tode: Trennungen, Enttäuschungen, Verzichte – und nicht zuletzt auch jede Nacht das Loslassen im Schlaf. Und doch leben wir, als würde der Tod nicht zum Leben dazugehören. Wir verdrängen ihn und vermeiden den Gedanken daran.
Die bekannte Theologin Margot Käßmann bringt auf den Punkt, wie entscheidend es ist, den Tod in unser Leben zu integrieren: „Es tut gut, ans Sterben zu denken – für das Leben! Gerade wer die eigene Endlichkeit und die anderer nicht ignoriert, lebt intensiver. ‚Wie will ich leben, damit ich am Ende in Frieden sterben kann?‘, darum geht es. Ich verstehe das Leben als geschenkte Zeit, die ich nutzen, verantworten und auch auskosten will“, so die Theologin. Zutreffender könnte man es kaum ausdrücken.
Würden wir uns schon früh im Leben bewusst machen, dass am Ende unserer Tage der Tod auf uns wartet, würden wir anders mit unserer Lebenszeit umgehen. Wir würden die Zeit, die wir zur Verfügung haben, intensiver nutzen und uns erfüllter fühlen – auch wenn wir nicht verhindern können, dass wir mit Prüfungen und Hürden konfrontiert werden.
Am Ende unseres Lebens werden wir Bilanz ziehen und uns die Frage stellen: Wurde ich der, der ich sein wollte? Oder habe ich vor lauter Geschäftigkeit viele Lebensträume vor mir hergeschoben und die Schätze, die vor mir lagen, nicht gesehen?
Wenn wir aus der Haltung heraus leben, dass wir jeden Tag unser Bestes geben und ein Leben führen, das in Übereinstimmung mit unserem inneren Wesen ist, ist dies das größte Geschenk, das wir uns selbst machen können – zu unserer Lebzeit und wenn wir diese Welt verlassen.
Anne Devillard
und das Redaktionsteam von NATUR & HEILEN
