Peloide, Schätze der Erde

Die Heilkraft von Stoffen aus dem Erdreich wird seit jeher geschätzt: Fango, Moor und andere Heilschlämme werden an allen möglichen Stellen auf der Erde gewonnen und vor allem in der Bäderheilkunde eingesetzt. Sie versprechen gesunde Haut, ein festes Bindegewebe sowie schmerzfreie Knochen und Gelenke. Ein besonderes Juwel unter den Heilschlämmen ist der Heilschlick aus dem Siwasch-See. Eine der ältesten Wellness-Anwendungen, die wir heute kennen, ist das Schlammbad. Bereits die alten Ägypter benutzten Nilschlamm, um Hautkrankheiten zu behandeln. In Griechenland empfahl der Arzt Hippokrates (460 v. Chr. bis 370) „heilende Erde“ innerlich und äußerlich. Napoleon wiederum soll für seine Truppen spezielle Schlammbäder eingerichtet haben. Im 19. Jahrhundert hatten dann Heilschlamm- und Heilerde-Anwendungen ihren Durchbruch in Europa. Insbesondere der Hydrotherapeut und naturheilkundliche Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897) wie auch der als Lehm-Pastor bekannt gewordene Emanuel Felke (1856–1926) setzten Lehm und Heilerde in ihren zahlreichen Therapien erfolgreich ein. Seither gelten Schlamm-Anwendungen als Wohlfühlgarant und werden für ihre belebende, wärmende und regenerierende Wirkung geschätzt. Peloide – potentes Gemisch aus Schlamm und Gestein Wer schon einmal in Kur war, dem dürfte der Begriff „Peloid“ bekannt sein. Die Bezeichnung ist angelehnt an die beiden griechischen Begriffe pelos: Schlamm und eídos: Gestalt. In der Balneologie (Bäderheilkunde) und der von ihr abgeleiteten Balneotherapie, der therapeutischen Anwendung natürlicher Heilquellen, Heilgase und Peloide, wird der Begriff übergreifend für alle Heilschlämme verwendet. Diese Schlämme enthalten fein gemahlenes Gestein und andere Bestandteile wie Sole/Thermalwasser oder Algen – je nach Herkunftsort. Entstanden durch biologische und geologische Vorgänge, können Peloide mineralischen Ursprungs sein oder aus organischer Substanz bestehen. Dementsprechend sind einige von ihnen natürlicherweise feucht, während andere aus trockenem Gestein bestehen. Von klar definierten Gesteinen wie Edelsteinen, Marmor- oder Lavastein sind sie abzugrenzen. Peloide lassen sich für unterschiedliche Zwecke nutzen – so etwa als Brennstoff oder Baumaterial. Aufgrund ihrer unterschiedlichen thermophysikalischen Eigenschaften werden sie aber vornehmlich im Massage-, Wellness- und Therapiebereich eingesetzt. Zu den bekanntesten Peloiden zählen Moor und Fango, die meist als Körperpackungen, Bäder oder Stempelmassagen Anwendung finden. Fango selbst wiederum steht als Sammelbegriff für Peloid-Unterarten aus Vulkangestein, Tonstein oder Tonschiefer, Kalkstein, Kreide, Kalk oder Dolomit. Sonderrollen nehmen Peloide ein, die weniger bekannt oder geläufig sind, wie z. B. Lehm (ein Ton-Quarzsand-Gemisch), Heilerde, Heilkreide, Schlamm, Tonschlamm oder Schlick, Letzterer meist als Meeresschlick. In der Regel werden Peloide direkt auf der Haut verwendet oder aufgrund ihrer Eigenschaft, Wärme zu speichern, in Form von Kissen oder Auflagen (u. a. aufgrund der Wiederverwendbarkeit) benutzt. Üblicherweise werden sie dafür auf Körpertemperatur oder höher erhitzt. Im therapeutischen Kontext folgen Schlammbehandlungen zumeist weitere Anwendungen wie Ölmassagen oder Wechselduschen, um das durch Wärme und Entspannung vorbereitete Gewebe weiter zu versorgen, zu nähren und zu pflegen. Bekannte Peloide im Therapiebereich • Torf Hierbei handelt es sich um eine Ablagerung aus Mooren, die bei der Zersetzung von Pflanzenteilen entsteht. Torf wird oft auch direkt als Moor bezeichnet und in Form von Moorpackungen oder einer Moorstempel-Massage genutzt. Moor regt den Stoffwechsel an, es wirkt stark entzündungshemmend durch die enthaltene Huminsäure, fördert die Durchblutung und stärkt die Regulations- und Selbstheilungskräfte des Körpers. Von Frauen wird auch die schmerzlindernde Wirkung bei PMS (prämenstruellem Syndrom) und Menstruationsbeschwerden geschätzt. • Fango Fango bezeichnet vulkanischen Mineralschlamm. Unterschieden wird der organische (gereifte) vom anorganischen Fango. Gereifter Fango kommt zumeist aus Italien (z. B. aus Abano oder Montegrotto) und besteht aus 3 Komponenten: Ton oder Lehm, vulkanischen Elementen und einer Mischung aus Algen und Mikroorganismen. In einem langwierigen Prozess wird er in speziellen Reifebecken mit bis zu 85 °C heißem salz-, jod- und bromhaltigen Thermalwasser übergossen. Nach einer Reifungszeit von 3 bis 6 Monaten kann der Schlamm für Heilbehandlungen eingesetzt werden. Ein großer Vorteil: Er lässt sich wiederaufbereiten und erneut nutzen, indem man ihn einen weiteren Reifungsprozess durchlaufen lässt. Gemahlenes Vulkangestein, wie es am Kaiserstuhl in der Oberrheinischen Tiefebene oder in der Eifel vorkommt, bildet hingegen die Grundlage für den anorganischen (ungereiften) Fango. Dieser wird ebenfalls mit Thermalwasser angerührt und bis zu 50 °C erhitzt oder – zur Wiederverwendung – mit Paraffin versetzt. Durch ihre tief eindringende Wärme fördern Fangopackungen die Entspannung der Muskulatur und Lockerung des Bindegewebes. Zudem führen sie nachweislich zu einer erhöhten Ausscheidung von Beta-Endorphinen. Eine Fangopackung wird meist mit einer medizinischen Massage kombiniert und gern bei Muskelverhärtungen im Schulter-/Nacken- und Rückenbereich, bei rheumatischen Beschwerden, Hexenschuss sowie Sehnenscheidenentzündungen eingesetzt. Staatlich anerkannte Moorheilbäder befinden sich u. a. im niedersächsischen Bad Zwischenahn oder im oberbayerischen Bad Kohlgrub, dem höchstgelegenen Moorheilbad Deutschlands. Hier wird Fango häufig in der Rehabilitation nach orthopädischen Operationen, bei Nervenentzündungen, Osteoporose und Arthrose eingesetzt. • Heilerde Im Gegensatz zur klassischen Fangopackung wird die Heilerde – aus pulverisiertem Löß, einem Sedimentgestein – in der Regel äußerlich und kalt angewendet. Mit Wasser oder abgekühltem Kräuter-/Basen-Tee zu einem Brei angerührt und messerdick aufgetragen, kann Heilerde Linderung bei akuten Entzündungen, Insektenstichen und leichten Verbrennungen oder Quetschungen bringen. Beim Auftragen des kalt angerührten Breis tritt zunächst ein kühlender Effekt ein, später wird das Gewebe warm. Durch eine Heilerde-Behandlung wird die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten über die Haut angeregt und die Durchblutung gefördert – daher der Wärmeeffekt. Letzteren macht man sich im Rahmen der verschiedensten Anwendungsfälle zunutze, etwa bei rheumatischen Erkrankungen oder auch insbesondere in der Akne-Therapie. Hier befreit Heilerde die Haut von Fett und Talg, diese wird dadurch besser durchblutet, und Bakterien können zugleich absorbiert werden. Ein Zusatznutzen besteht in der sanften, aber nachhaltigen Entfernung abgestorbener Hautschuppen. Hierfür eignen sich insbesondere sehr fein vermahlene und speziell gesiebte Heilerden mit einer vergrößerten Oberfläche, wodurch Talg und andere Bestandteile gut gebunden werden können. Warme Heilerde-Umschläge finden Anwendung bei chronischen Entzündungen der Gelenke und Muskeln. • Heilkreide Im Bereich der natürlichen und ganzheitlichen Hautpflege hat sich die Heilkreide – wie sie etwa auf der Insel Rügen gewonnen wird – einen Namen gemacht. Kuren mit Heilkreide „erziehen“ die Haut dazu, ihre natürlichen Funktionen wieder selbst zu übernehmen, etwa nach langjähriger und intensiver Belastung durch Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe. Daher sollte die Haut nach Heilkreideanwendungen auch nicht eingecremt werden, um die natürliche Rückfettung neu zu „erlernen“. Durch ihren basischen pH-Wert von 8,5 unterstützt Heilkreide die Haut in ihrer Funktion als Ausscheidungs- und Entgiftungsorgan. Auch ihre zellvitalisierende, entzündungshemmende und wundheilungsfördernde Wirkung ist wissenschaftlich belegt. Gesichtsmasken auf Heilkreide-Basis eignen sich zudem für sensible Haut und Partien mit besonderen Herausforderungen wie etwa bei Rosacea oder Neurodermitis. Zur Hautpflege können sie 1- bis 2-mal wöchentlich, dünn aufgetragen, angewandt werden. Tiefenwirkung durch wärmespeichernde Eigenschaften und hohen Mineralstoffgehalt Peloide wirken regenerierend, entzündungshemmend, antiviral und in Teilen (je nach inhaltlicher Zusammensetzung) auch fungizid. Ihre Konsistenz und Wärmespeicherfähigkeit hängen vom jeweiligen Wassergehalt ab. Je höher der Wassergehalt, desto höher auch die Wärmeleitfähigkeit und desto geringer die Wärmespeicherfähigkeit (da Wasser das leitfähigere Medium darstellt). Die höchste Wärmespeicherfähigkeit haben Heilerde und Badetorf, welche einen Wasseranteil von ca. 30 % besitzen. Fango und Lehm haben eine etwas geringere Speicherkapazität, ihr Wasseranteil liegt bei 40 % bis 45 %. Die geringste Speicherfähigkeit besitzt Moor (angewandt als Moorbad), es besteht zu 95 % aus Wasser. Die physikalischen Eigenschaften sind durch spezielle Analysen nachzuweisen und durch Kontrollanalysen regelmäßig zu überprüfen, damit Peloide therapeutisch angewendet werden dürfen. Eine Besonderheit: Heilschlick aus dem Siwasch-See Ein sehr wirkungsvolles Peloid, das sich in der hochkonzentrierten, rosafarbenen Sole des Siwasch-/Sywasch-Sees gebildet hat, ist die unter ihrem Handelsnamen bekannte Sivash-Heilerde. Der Siwasch-See ist ein System aus breiten, flachen Buchten in der Ukraine, die die Halbinsel Krim vom Festland trennen. Kleine Flüsse der Krim und Ausläufer des Asowschen Meeres versorgen den See mit frischem Wasser und verhindern den Zerfall des Buchtensystems zu isolierten kleinen Salzseen. Der hohe Salzgehalt des Sees (stellenweise bis zu 17 %) beruht auf dessen geringer Tiefe von maximal 3 m und einer hohen Wasserverdunstung. Der Seegrund ist mit einer etwa 5 m dicken, kohlehaltigen Schlammschicht überzogen, die hauptsächlich für die Grau- bis Schwarzfärbung des dort abgebauten Schlicks sorgt. Die Region um den See ist insgesamt niederschlagsarm; im Sommer bei höheren Temperaturen trocknen die Buchten großflächig aus und werden zu einer weitestgehend unbewachsenen Salzwüste. Auf diese Weise bildet sich die Sole aus, die eine Salzkonzentration von rund 30 % hat. Die imposant wirkende Zartrosa-Färbung der Sole ist auf die in ihr eingelagerte Mikroalge Dunaliella salina zurückzuführen, die über einen hohen Gehalt an Beta-Carotin (Vorstufe des für die Hautregeneration wichtigen Vitamins A) verfügt. Weitere Bestandteile sind wertvolle Mineralsalze, u. a. Natrium- und Kaliumchlorid, Magnesiumchlorid, -bromid und -sulfat. Das gesamte Salzvorkommen des Sees wird auf etwa 200 Millionen Tonnen geschätzt. Aufgrund dieser einzigartigen Entstehungsbedingungen und der inhaltlichen Zusammensetzung der leicht nach Schwefel riechenden Heilerde zählt Siwasch-Schlick zu den wirksamsten Peloiden der Welt. Der Schlick wird dem See manuell entnommen und ist in unbehandelter Form im Handel, in gut sortierten Salzgrotten oder Apotheken erhältlich. Er wird luftdicht verpackt und vorab lediglich mit der Sole des Sees übergossen. Deren hoher Salzgehalt schützt den Heilschlamm auf natürliche Weise vor einer Verkeimung und macht ihn länger haltbar. Der Sivash-Heilerde muss kein Wasser mehr zugefügt werden; sie ist in ihrer Naturbelassenheit fertig für den direkten Gebrauch auf der Haut. Dazu kann sie äußerlich sowohl kalt als auch warm angewendet werden. Die warmen Anwendungen (38 ° bis 42 °C) werden bei chronischen Erkrankungen der Knochen, Gelenke und der Wirbelsäule empfohlen. Generell kann der sogenannte kalte/warme Hand-Test durchgeführt werden: Wird die kalte Hand auf der betroffenen Stelle angenehmer empfunden als die warme, sollte die Heilerde kalt angewendet werden – wie auch analog im Empfinden der warmen Hand. Die Erwärmung der Heilerde sollte indirekt, am besten im Wasserbad, erfolgen. Hierzu kann Frischhaltefolie verwendet werden, aus der schnell ein Säckchen für die Heilerde geformt werden und aus dem diese später auch direkt auf die Haut gegeben werden kann. Sehr hohe Temperaturen und Mikrowellenstrahlen wirken negativ auf die biochemischen Substanzen der Heilerde und reduzieren ihre therapeutischen Eigenschaften, daher sollte die Wassertemperatur nicht mehr als 60 °C betragen. Die Behandlungen sollten am besten abends durchgeführt werden, da die Heilerde auch nach der Anwendung einwirkt und der Körper sich idealerweise in einer Ruhephase befinden sollte. Bei der Behandlung von Überbeinen, Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparats sowie bei Akne empfiehlt es sich, die Behandlungsstelle nach dem Auftragen der Heilerde mit einer Folie oder einem nassen Wickeltuch abzudecken. Hierüber legt man anschließend ein trockenes Tuch und eine angewärmte Decke. Bei Neurodermitis und Psoriasis wird die Behandlungsstelle nach dem Auftragen der Heilerde nicht abgedeckt. Die Dauer der Anwendung ist unterschiedlich und hängt von der Erkrankung bzw. dem Zweck der Anwendung ab. Bei kurzen Behandlungen bleibt das Peloid 10 bis 30 Minuten (z. B. bis der Schlick trocken ist), bei längeren 30 bis 60 Minuten sowie bei guter Verträglichkeit bis zu 90 Minuten auf der Behandlungsstelle. Nach der Behandlung wird die Heilerde mit warmem Wasser sorgfältig und sanft abgewaschen. Vor der ersten Behandlung wird empfohlen, die Heilerde 2- bis 3-mal auf die Fußsohlen (für jeweils ca. 10 Minuten) aufzutragen. Das hilft dem Körper, sich an die Heilerde zu gewöhnen. Mirja Krönung Über die Autorin Mirja Krönung ist Heilpraktikerin und Trauma-Coach mit eigener Praxis in Karlsbad. Ihre Schwerpunkte sind u. a. natürliche Frauengesundheit, chronische Hauterkrankungen, ganzheitliche Hormontherapie und Mikronährstoffmedizin – insbesondere bei Stress, Erschöpfung und Energielosigkeit. Anwendungsgebiete der Sivash-Heilerdee-Kapseln • zur unterstützenden Behandlung bei chronischen Erkrankungen der Knochen, Gelenke sowie der Wirbelsäule (etwa bei Arthritis und Arthrose, Gicht oder Rheuma, bei muskulären und nervlichen Schmerzen im Zuge von Bandscheibenvorfällen sowie bei Prellungen und Schleimbeutelentzündungen) • zur Linderung von Schmerzen und Lockerung muskulärer Verhärtungen bei Fibromyalgie • zur Reduktion und Unterstützung der Rückbildung eines Überbeins (Ganglion) • als unterstützende Behandlung bei Akne • zur Linderung des Juckreizes bei Neurodermitis und Psoriasis • bei Ekzemen generell wie auch bei Krätze und Pilzbefall (Mykosen) • zur Hautstraffung allgemein und als unterstützende Maßnahme bei Cellulite

Der Artikel "Peloide, Schätze der Erde" ist Teil der Audio-Ausgabe August 2024

Peloide, Schätze der Erde

Regeneration mit Heilschlamm und Schlick

Editorial August 2024 · Wie wir durch Vergebung Frieden mit unserer Vergangenheit schließen können · Transgenerationales Erbe · Vitaminmangel · Die Maya-Abdominaltherapie · Perga · Peloide, Schätze der Erde · Den klaren Schnitt setzen · PLUS: Die komplette Ausgabe in einem Track

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