In-vitro-Fleisch
Fleisch aus dem Labor soll in Zukunft den Markt erobern. Doch was verspricht In-vitro-Fleisch im Vergleich zu herkömmlichen Fleischprodukten? Bei der Herstellung von Laborfleisch werden aus tierischem Muskelfleisch von erwachsenen Rindern oder Schweinen embryonale Stammzellen gewonnen. In einer Nährlösung angesiedelt, entwickeln sich die Zellen zu festem Muskelgewebe. Per Elektrostimulation werden die Muskelzellen dazu gebracht, die gleichen Eigenschaften zu entwickeln wie natürliches Fleisch. Das Ergebnis ähnelt Hackfleisch. Für den Geschmack werden zusätzlich – in ähnlicher Weise – Fettzellen gezüchtet.
Mit dem Laborfleisch soll ermöglicht werden, dass alle Menschen so viel Fleisch essen können, wie sie möchten, ohne dabei die Umwelt zu belasten. So entstehen bei der Herstellung keine Gülle und kein Methan. Die Agrarökologin Hanna Tuomisto von der Universität Oxford hat berechnet, dass im Vergleich zur konventionellen Fleischherstellung bis zu 45 % weniger Energie, 96 % weniger Wasser und Treibhausgase und 99 % weniger Landfläche benötigt wird. Der erste „künstliche“ Hamburger wurde im Jahr 2013 nach 6 Jahren Forschung der Weltöffentlichkeit vorgestellt.
Seit 2020 vertreibt ein amerikanischer Hersteller in Singapur Hühnerfleisch aus Zellkulturen. In den USA wurde der Verkauf erst im Juni 2023 zugelassen. Inzwischen arbeitet man auch an Fisch aus dem Labor.
Ganz ohne Tierleid geht die Herstellung der In-vitro-Produkte leider auch nicht vonstatten. Zur Gewinnung der tierischen Muskelstammzellen wird das Tier zwar nicht getötet, aber man benötigt eine Biopsie (Gewebeentnahme). Damit die entnommenen Zellen wachsen, wird Serum aus Kälberföten verwendet, die diese Prozedur leider nicht überleben. Es wird an Alternativen geforscht, die auf Algen oder anderen Pflanzen basieren. Für das Trägergerüst benötigt man in der Regel Kollagen, das meist aus Knochen von Rindern und Schweinen gewonnen wird. Auch dies will man zukünftig vermeiden.
Hierzulande fallen derartige Lebensmittel unter die Novel-Food-Verordnung. Einige Firmen haben die Zulassung schon beantragt, es kann jedoch noch Jahre dauern, bis man die ersten Produkte in hiesigen Supermärkten oder Restaurants findet. Für die Verbraucher ist eine eindeutige Kennzeichnung dieses „Clean Meat“ wichtig, um es als solches zu erkennen.
Dr. Andrea Flemmer
©NATUR & HEILEN, Mai 2025