Selen – vom Gift zum Therapeutikum

Noch vor 100 Jahren wurde Selen als höchst giftig angesehen. Heute wissen wir, dass es zu den lebensnotwendigen Spurenelementen gehört. Der Selengehalt von Lebensmitteln hängt mit dem der Böden zusammen, auf dem die Pflanzen gewachsen sind. Deutschland gehört zu den selenarmen Regionen der Welt. Die zunehmende Umweltverschmutzung führt zusätzlich zu einer Abnahme der Selenverfügbarkeit. So wird es in sauren Böden schlechter aufgenommen. Schwermetalle können es binden und damit blockieren – gleichzeitig kann es im Körper seinerseits Schwermetalle binden und wirkt somit deren Giftigkeit entgegen.
Selen ist Bestandteil wichtiger Enzyme. Es spielt eine entscheidende Rolle für die Funktion der Schilddrüse und bei der Bildung von Erbsubstanz. Es ist ein lebensnotwendiger Wachstumsfaktor für fast alle Körperzellen, unabdingbar für ein gut funktionierendes Immunsystem und unterstützt die Fruchtbarkeit des Mannes. Selen wird zudem als Schutzfaktor vor Krebs angesehen. So findet man in Ländern, deren Böden arm an Selen sind, viel höhere Raten an Lungen-, Darm- oder Brustkrebs als in Ländern mit reichen Selenvorkommen.
Selen kommt heute in der Krebstherapie zum Einsatz und kann auch bei rheumatischen Erkrankungen wie Arthritis, Gicht oder Rheuma helfen.
Ein gesunder Erwachsener benötigt ca. 30 bis 70 µg (Mikrogramm) Selen pro Tag. Eine Unterversorgung kann zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und zu schwereren Krankheitsverläufen, zu schuppiger Haut, Nagelveränderungen, Muskelschmerzen und -verhärtungen sowie zu Herzrhythmusstörungen führen. Bei einem massiven Mangel kann es auch zu eingeschränktem Gehvermögen, zu Lungenödemen, Leberschäden, Herzmuskelerkrankungen, Arteriosklerose, Gelenkveränderungen sowie zu einem schlechten Knochenwachstum kommen.
Wichtig: Eine längerfristige Zufuhr von mehr als 1.000 µg kann mit Vergiftungserscheinungen einhergehen. Kennzeichen einer überhöhten Selenaufnahme ist ein knoblauchartiger Atemgeruch. Bei einer Selenvergiftung, der sogenannte Selenose, kommt es zudem zu Müdigkeit, Übelkeit sowie zu Haut- und Nagelveränderungen, Haarausfall, Leberschäden und Störungen des Zentralnervensystems.
Sehr viel Selen ist in Kokosnüssen und Sesam enthalten. Auch in Pilzen, Kohl- und Zwiebelgemüse, Spargel, Hülsenfrüchten, Sonnenblumenkernen, Weizenvollkornmehl, Sojabohnen und Leinsamen findet man erwähnenswerte Mengen.
Möchte man Selen zusätzlich als Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, so wird für Erwachsene eine maximale Zufuhrmenge von 200 bis 300 µg pro Tag angeraten. Kinder und Jugendliche im Alter von 1 bis 17 Jahren sollten abhängig vom Körpergewicht nicht mehr als 60 bis 200 µg Selen pro Tag zu sich nehmen.
Dr. Andrea Flemmer
©NATUR & HEILEN, März 2025