Pflanzen bestäuben sich zunehmend selbst
Seit Millionen von Jahren schon sind sie ein eingespieltes Team: Pflanzen und ihre fleißigen Bestäuber wie Hummeln, Bienen, Käfer oder auch Schmetterlinge. Während sich Letztere von den energiereichen Pollen und dem nahrhaften Nektar der Pflanzenblüten ernähren, garantieren sie im Gegenzug den Fortbestand der Pflanzen, indem sie einige der Pollen von Blüte zu Blüte weitertragen.
Im Zuge des massiven Insektensterbens allerdings scheinen manche Pflanzen aus dieser eingespielten Symbiose auszusteigen und sich stattdessen lieber gleich selbst zu bestäuben. Darauf zumindest weist eine kürzlich in der Fachzeitschrift New Phytologist publizierte Studie hin. Im Rahmen der Untersuchung hatten Wissenschaftler der Universität Montpellier Acker-Stiefmütterchen aus landwirtschaftlich geprägten Regionen rund um Paris untersucht. Zum Vergleich kultivierten sie Samen derselben Sorte, die zwischen 1992 und 2001 gesammelt worden waren.
Dabei zeigte sich, dass die Selbstbestäubungsrate unter den Stiefmütterchen über die letzten Jahrzehnte um fast 30 % zugenommen hat. Zusätzlich produzieren heutige Populationen deutlich kleinere Blüten und fast 20 % weniger Nektar als ihre Vorfahren. Entsprechend seltener werden sie von Bestäubern aufgesucht. Die Studie zeige daher nicht nur, wie schnell sich Blütenpflanzen an das Insektensterben anpassten, sondern weise auch auf eine mögliche negative Rückkopplung hin, so die Forscher.
Die vermehrte Selbstbestäubung sei zwar im ersten Schritt eine Antwort auf das zunehmende Insektensterben, gehe aber auch mit einer verminderten Nektarproduktion einher. Das wiederum könnte das Insektensterben künftig zusätzlich beschleunigen. Zudem berge die Selbstbestäubung auch große Risiken für die Pflanzen selbst, z. B. inzuchtbedingte Gesundheitsprobleme oder eine mögliche Reduktion der Artenvielfalt.
© Natur & Heilen, April 2024
