Die Botschaft der Wüste
„Die Grenzen einer Sprache sind auch die Grenzen der eigenen Welt“, sagte einmal der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Das gilt insbesondere für die Übersetzung und Deutung heiliger Texte. Sprachen lassen eine Vielfalt von Interpretationen und Übersetzungen zu, die wiederum eng verbunden sind mit der Weltsicht und Erfahrung des Übersetzers. Neil Douglas-Klotz, international bekannter Theologe und Experte in Hermeneutik, also in der Wissenschaft der Textdeutung, wirft mit seinem neuesten, äußerst interessanten Buch „Der Prophet aus der Wüste“, das kürzlich im Kösel Verlag erschienen ist, ein neues Licht auf die Botschaften des Jesus aus Nazareth. Aus seiner aramäischen Muttersprache ganz neu übersetzt bekommen scheinbar vertraute Worte Jesu universelle Gültigkeit. Mit einem Erfahrungshintergrund, beruhend auf dem Privileg, von vielen jüdischen, christlichen, islamischen und sufistischen Mystikern gelernt zu haben, ist keiner geeigneter als Neil Douglas-Klotz, uns diese neuen Welten zu eröffnen.
Neil Douglas-Klotz geht in seinem Buch „Der Prophet aus der Wüste“ von einer einfachen Annahme aus: Wenn Jesus etwas gesagt hat, dann hat er es auf Aramäisch gesagt (oder möglicherweise auch auf Hebräisch, wenn er aus der Schrift zitierte). Die überwältigende Mehrheit der Menschen unter seinen Zuhörern sprach nicht Griechisch. Ihre Muttersprache war Aramäisch, seit dem dritten Jahrhundert v. Chr.[…]