Die Kunst, ohne Waffen zu siegen
Friedfertige Kampfkünste aus Japan (Teil I): Karate-Do als Lebensweg

„So wie die blanke Oberfläche eines Spiegels alles wiedergibt, was vor ihm steht, und wie ein stilles Tal selbst den schwächsten Laut weiterträgt, soll der Karateschüler sein Inneres leer machen von Selbstsucht und Boshaftigkeit, um bei allem, was ihm begegnen könnte, angemessen zu handeln.“ Diese Worte des japanischen Meisters Gichin Funakoshi beschreiben nur allzu gut, dass Karate mehr ist als ein Kampfsport, der darauf abzielt, mit den bloßen Händen oder dem Kopf Steine und Bretter zu zerschlagen oder gar andere Menschen zu verletzen oder zu töten. Zwar mag ein geübter Karateka (Schüler des Karate) dazu in der Lage zu sein, doch letztendlich ist dies nicht das Ziel des Karate-Do. Karate-Do (der Weg des Karate) ist vielmehr die Kunst, den Körper und die Seele durch gezieltes Üben und ein hohes Maß an Selbstdisziplin in eine Einheit zu versetzen, um somit den höchsten Zustand des menschlichen Seins zu erreichen. Auch ist es ein Weg zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit und zur Stärkung bzw. Festigung des Charakters, der schließlich zum inneren Wachstum führt. Daher wird Karate als eine Schule der Geistesbildung betrachtet, die nicht mit dem Erreichen des Meistergrades (Dan) endet, sondern ein Leben lang begleitet.
Geschichtliches Die Wiege des Karate Damit wir die Bedeutung von Karate erfassen können, ist es wichtig, auch den geschichtlichen Hintergrund zu kennen. Die Wiege des Karate stand in der heutigen Präfektur Okinawa, der südlichsten Inselgruppe Japans, dem früheren Königreich der Ryukyu-Inseln. In der Geschichte der Ryukyu-Inseln verhängte die damalige Regierung mehrfach ein Waffenverbot, das den Bewohnern strengstens untersagte, irgendeine Form[…]