Operation bei Trigeminusneuralgie?
Antwort
Eine Neuralgie im Bereich des Trigeminus (V. Hirnnerv) gehört zu den schmerzhaftesten Krankheitsbildern, die wir kennen. In typischen Fällen treten die Schmerzen anfallsweise meist einseitig in dem vom Trigeminus versorgten Gesichtsareal (Kaumuskeln, Lippen, Zunge, Wangen, Schläfen, Augen, Stirn) auf, z. T. kommen noch schmerzhafte Zuckungen der mimischen Muskulatur, Rötung im Gesicht, Tränen- und Speichelfluss hinzu. Die Schmerzattacken können durch leichte Reize ausgelöst werden, wie Berührungen, Sprechen, Niesen, Zähneputzen, Sprechen, Kauen, Schlucken oder Kälte, und dauern Sekunden lang an. In den schmerzfreien Zeiten dazwischen kann ebenso eine Überempfindlichkeit gegen Reize bestehen.
Es gibt aber auch Verlaufsformen mit beidseitigen Schmerzanfällen oder mit Dauerschmerzen. Die Krankheit muss gegen Gesichts-(Fazialis-)neuralgie des VII. Hirnnerven und gegen Kopfschmerzen abgegrenzt werden, die u. U. ähnlich verlaufen können. Da wahrscheinlich eine gründliche Diagnostik bei Ihrem Vater erfolgte, kann aber wohl davon ausgegangen werden, dass der Befund zutrifft.
Man unterscheidet zwei Formen:
- Die idiopathische Trigeminus-Neuralgie tritt meist nach dem 50. Lebensjahr auf und betrifft Frauen häufiger als Männer, ihre Ursachen sind nicht feststellbar. Es ist also nicht ungewöhnlich, wenn trotz gründlicher Untersuchungen keine Ursachen ermittelt werden können.
- Die symptomatische Form beginnt meist vor dem 40. Lebensjahr und entsteht durch andere Erkrankungen, z. B. an den Augen, Zähnen oder Nebenhöhlen, bei Stoffwechselstörungen, Infektionen (z. B. Gürtelrose) oder mechanischer Nervenschädigung (Fraktur, Hirntumor); auch ein Zusammenhang mit Durchblutungsstörungen (Bluthochdruck) und Multipler Sklerose kann bestehen. In diesem Sinne könnte unter Umständen auch der Schlaganfall und die damit verbundenen Gefäßveränderungen bei Ihrem Vater mit zur Entstehung der Trigeminusschmerzen beigetragen haben. Selbst wenn die Untersuchung aber keine Grundkrankheit erkennen lässt, ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass eine besteht.
Im Verlauf der Trigeminus-Neuralgie kann es daher sinnvoll sein, bei scheinbar idiopathischer Form wachsam zu bleiben und weiter nach eventuellen Ursachen zu forschen. Meist entstehen die Schmerzen durch Reizung des Nerven durch mikroskopisch kleine Blutgefäße, die ihn berühren.
Die Therapie der Trigeminus-Neuralgie gilt als problematisch. Die akuten Schmerzanfälle erfüllen keine Funktion als Warnzeichen mehr und sind im allgemeinen so heftig, dass man nicht ohne starke Schmerzmittel auskommt, die jedoch häufig fast wirkungslos bleiben. Eine korrekt durchgeführte Schmerztherapie nach neuem Kenntnisstand stellt meist die beste Entlastung für Betroffene dar.
Leider praktizieren bei uns erst wenige Mediziner (10-20 %) diese Schmerztherapie, so dass es sich häufig empfiehlt, eine spezialisierte Schmerzpraxis aufzusuchen (Therapeuten erfragen Sie bitte bei: Schmerzambulanz Klinik Bad Mergentheim Tel. 07931/549351, www.schmerzklinik.com/); nicht selten kann dann eine besser verträgliche und wirksamere Schmerzbehandlung durchgeführt werden.
Antiepileptika (Wirkstoffe gegen Epilepsie) werden in der Regel verabreicht, um eine Reduktion der Anfallshäufigkeit zu erreichen, die Schmerzen werden dadurch jedoch nicht reduziert. Auch zeigen diese Wirkstoffe nach geraumer Zeit abnehmende Erfolge.
Die Alternativmedizin wendet bei Trigeminus-Neuralgie vor allem die örtliche Lokalanästhesie, Neuraltherapie und Akupunktur an, wodurch die Aussicht besteht, dass die Schmerzleitungen unterbrochen werden und Linderung erfolgt. Physikalische Therapiemaßnahmen wie Wärme- oder Kälteanwendungen, aber auch Nervenstimulationen durch die Haut hindurch können zur Linderung beitragen.
Eine Operation ist bei Trigeminus-Neuralgie erst angezeigt, wenn andere Therapien nicht zufriedenstellend helfen, bzw. wenn die psychische Belastung durch Dauerschmerz als ausweglos erscheint. Dann ist die OP im Vergleich zur ständigen Einnahme von Schmerzmitteln oft das kleinere Übel. Es gibt mehrere OP-Techniken: Vor allem bei jüngeren Patienten wird der Nerv an dessen Austrittsstelle aus dem Gehirn von beengenden Gefäßen befreit, indem zwischen Arterien und Nerv ein kleines Kunststoffschwämmchen gelegt wird. Diese Technik ist aber nicht risikoarm. Bei älteren und kranken Patienten wird die so genannte perkutane Thermokoagulation nach Sweet angewandt, bei der unter lokaler Hitzeeinwirkung vor allem die Schmerzfasern des Nerven zerstört werden; diese Technik gilt als weniger belastend. Welche bei Ihrem Vater eventuell in Frage kommt, können wir aus der Ferne nicht beurteilen. Die OP-Risiken hängen einmal vom Allgemeinzustand des Patienten ab, zum anderen von der OP-Technik. U. a. kann es zu paradoxen Schmerzen kommen, obwohl die Schmerzleitung bereits ausgeschaltet wurde, oder es kommt zum Gefühlsverlust in der betroffenen Gesichtshälfte.
Es ist also ratsam, vor der Entscheidung für eine Operation die bereits genannten Maßnahmen zu versuchen und durch eine längere homöopathische Behandlung nach individueller Verordnung zu ergänzen, das könnte auch zur deutlichen Besserung beitragen.
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