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Bergahorn – Baum des Jahres 2009 Edles Holz und süßer Sirup

Im Schweizer Wallis, wo sich die höchsten Gipfel Europas erheben, ist er auf fast 2000 Metern noch als wohlgeformter Baum zu finden. Bis zu sechshundert Jahre alt kann der Bergahorn werden, der in vielen Bergdörfern eine ähnliche Rolle spielt wie die Eiche oder Linde in tieferen Lagen. Schon vor 8000 Jahren stellten die jungsteinzeitlichen Ackerbauern aus dem hellen, gut drechselbaren Holz Schalen und Löffel her, und heute noch spielt es als Garant für wunderbare Resonanz eine bedeutende Rolle beim Bau von Musikinstrumenten. Wegen seiner ökologischen Bedeutung wurde der Bergahorn kürzlich zum „Baum des Jahres 2009“ gekürt.
Früh lernen Kinder unserer Breiten den imposanten Baum geradezu spielend kennen: Kreiseln zum Herbstbeginn die geflügelten Früchte wie kleine „biologische Hubschrauber“ zu Boden, dann entfernen die Kinder das darin eingeschlossene Nüsschen, spreizen die Schale und kleben das so gefertigte „A-Horn“ auf die Nase. Dem Baum ermöglicht diese „ausgeklügelte“ Flugvorrichtung je nach Wind, seinen Samen mit immerhin 16 Umdrehungen pro Sekunde auf einer Fläche von der Größe eines Fußballfeldes zu verbreiten.

Der Bergahorn ist ein Baum des kühl-feuchten Bergklimas und findet seine größte Verbreitung in den mittleren und höheren Lagen der Gebirge. In einem Hochtal des Naturschutzgebiets Karwendel, dem „Großen Ahornboden“ bei Mittenwald, kann der Wanderer ein wahres Farbspektakel erleben, wenn sich im Oktober die ganze Ahorngesellschaft gelb, orange und rot färbt und vor einer gewaltigen Gebirgskulisse von der Herbstsonne erleuchtet wird.
Nicht zuletzt durch menschliches Zutun ist der Bergahorn längst überall in Mitteleuropa, Kleinasien und Nordamerika verbreitet.
In den Städten sind verschiedene Ahornarten als Park- und Alleebäume überaus beliebt – wenn auch nicht bei Autofahrern: Wegen ihres hohen Zuckergehalts wimmelt es auf den Bäumen von Blattläusen. Sie scheiden den nur teilweise verdauten Zuckersaft als „Honigtau“ aus und überziehen alles, was unter der Baumkrone steht, mit einem klebrigen Film.
Oberflächlich betrachtet ähneln die Blätter denen der Platane. Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit beider Bäume: Mit dem Alter wandelt sich die zunächst glatte, hellgraue Rinde ins Dunkelgraue, wird schwachborkig und blättert schließlich in kleinen Plättchen ab, was dem Stamm ein platanenartiges Aussehen verleiht. Darauf weist der botanische Name „Acer pseudoplatanus“ hin. Der Gattungsname des Ahorns, „Acer“, ist vom indogermanischen „ak“ abgeleitet, was soviel wie „scharf“, „spitz“ bedeutet. Unsere Vorfahren hatten gewiss einen eher kriegerischen Zugang zu diesem Baum, wurden doch die Speere jener Zeit vor allem aus Ahornholz gefertigt. Die Ackerbauern der Jungsteinzeit stellten Gefäße und andere Küchenutensilien daraus her, Instrumentenbauer schätzen es wegen seiner hellen Farbe für die Herstellung von Flöte und Fagott, Zimmerleute verwenden es gerne für den edlen Innenausbau.
Eine ganz spezielle Eigenschaft entfaltet das Ahornholz im Volksglauben als Türschwelle: Zauberer und Hexen – so heißt es – trauen sich nicht über eine solche Schwelle.

Medizinische Traktate des Mittelalters erwähnen den Bergahorn wegen seiner kühlenden und abschwellenden Eigenschaften. Auflagen aus gequetschten Blättern wurden gegen geschwollene Gelenke, entzündete Augen, Insektenstiche oder bei müden Füßen eingesetzt. Die heilkundige Äbtissin Hildegard von Bingen verordnete im 12. Jahrhundert zur Fiebersenkung ein Bad in aufgekochten Ahornblättern und -zweigen. In der Volksmedizin ist weiter überliefert, dass in Essig gesottene Ahornrinde gegen Zahnweh, das Holz sogar gegen Schlangenbisse und Frostbeulen helfen soll.
Als Anfang des 19. Jahrhunderts infolge der Kontinentalsperre Napoleons und hundert Jahre später während des 1. Weltkriegs der Rohrzucker aus der Karibik ausblieb, spielte der Bergahorn als „Zuckerbaum“ eine wichtige Rolle für die – wenn auch recht mühsame – Ernährung der notleidenden Bevölkerung. Um den Baum zu „melken“, bohrt man den Stamm im Frühjahr bis zum äußeren Holz, dem Splint, an. Der Saft tropft dann drei bis vier Wochen lang heraus – bis zum Tag des ersten Austreibens. Pro Baum können bis zu 50 Liter mit einem Zuckergehalt von ein bis drei Prozent gewonnen werden, der übrigens zu einem most- oder weinähnlichen Getränk vergoren oder zu Schnaps gebrannt werden kann. Eisliebhaber kennen heute den Ahornsirup als süßenden Bestandteil der Kreation „Maple-Walnut“.
Vor allem auch wegen seiner herausragenden ökologischen Qualitäten hat sich nun das „Kuratorium Baum des Jahres“ für den Bergahorn als Baum des Jahres 2009 entschieden. Waldbaulich dient er als wertvolle Mischbaumart der Bodenverbesserung und der ökologischen Bereicherung. Das Laub verrottet zu nährstoffhaltigem Humus, wodurch der Ahorn als Pionierpflanze zur Besiedlung nährstoffarmer Böden beiträgt. Über 20 Vogelarten verwerten seine Früchte als Nahrung. Mit seinem dichten Laub sorgt er zudem für den Lärmschutz an Straßen, für Schatten auf Plätzen und in Parkanlagen.
Bei Förstern hat der Bergahorn einen sehr guten Ruf als Lieferant von Edellaubholz.

Ahorn ist ein „Heulsusen-Gehölz“: Drei bis vier Tage vor dem Regen treten Wassertropfen aus seinen Blattstielen.
Weitere Tipps für Landwirte: Einer alten Bauernregel zufolge gibt es eine gute Ernte, wenn die Ahornblätter recht fett und glänzend sind. Mit Ahorn umstellte Flachsfelder, so heißt es, werden von Maulwürfen gemieden.

W.D.

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