Blutwurz: Arzneipflanze des Jahres 2024
13 Kräuter stehen im Originalrezept des bekannten Schwedenbitters. Hauptzutat: die Blutwurz (auch Aufrechtes Fingerkraut genannt). Zu neuen Ehren hat ihr nun die Forschergruppe Klostermedizin an der Universität Würzburg verholfen: Potentilla erecta wurde zur Arzneipflanze des Jahres 2024 gekürt.
Ende des 17. Jahrhunderts vollendeten die schwedischen Ärzte und Chemiker Urban Hjärne und Klaus Samst ihre geheime Rezeptur des Schwedenbitters, der als flüssige Medizin Abhilfe schaffen sollte bei Blähungen, übersäuertem Magen, Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Verstopfung, Durchfall und Kreislaufbeschwerden. 1692 erhielt Hjärne die Erlaubnis, „Elixir amarum“ (bitteres Elixier) auch in Apotheken zu verkaufen.
Allerdings sollte es noch bis 1980 dauern, bis die österreichische Kräuterfachfrau Maria Treben den Schwedenbitter in ihrem Bestseller „Gesundheit aus der Apotheke Gottes“ weitläufig bekannt machte. Das allerdings bedeutete nicht, dass die gesamten Ingredienzen ebenfalls bekannt wurden. „Blutwurz ist bis heute keine Heilpflanze, die jeder kennt“, so Tobias Niedenthal, Wissenschaftler der Forschergruppe Klostermedizin.
Mit der Blutwurz wurde nun erstmals eine Gerbstoff-Droge zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Die Tannine (Gerbstoffe) im Wurzelstock haben antimikrobielle und antivirale Eigenschaften. Der Wurzelstock färbt sich an Bruch- und Schnittstellen rot, sobald die Gerbstoffe oxidieren. „Das erweckt den Eindruck einer Wunde und begründet auch den Namen der Pflanze“, erklärt Tobias Niedenthal.
Die Behandlung von Wunden ist indes eines der ältesten bekannten Anwendungsgebiete der Blutwurz. Arzt und Botaniker Hieronymus Bock empfahl die Blutwurz bereits in seinem Kräuterbuch von 1551 bei Wunden, Nasenbluten, nässenden Ekzemen, Menstruationsbeschwerden, Augenleiden und Feigwarzen. Innerlich eingenommen soll sie bei Vergiftungen, Fieber, Erbrechen und Durchfall helfen.
Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur hat Zubereitungen aus dem Wurzelstock offiziell als traditionelles pflanzliches Arzneimittel bei unspezifischen akuten Durchfallerkrankungen und leichten Entzündungen im Mund- und Rachenraum anerkannt.
Martina Schneider
© NATUR & HEILEN, April 2024