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Vogelkirsche – Baum des Jahres 2010 Wildobst mit Heilkraft

Sie ist nicht gerade selten und eher unauffällig. Im Frühjahr allerdings, von April bis Mai, ist sie unübersehbar: Mit einer Fülle schneeweißer Blüten geschmückt ragt die Vogelkirsche aus jedem Laubmischwald hervor. In dieser Zeit sind die Bäume für Bienen und Hummeln eine der wichtigsten Nahrungsquellen. Tischler lieben ihr Holz, das unter Lichteinfluss einen warmen, rotgolden bis braunen Farbton annimmt. Instrumentenbauer bevorzugen Kirschholz wegen seiner Biegsamkeit. Kirschkernkissen erleben derzeit eine Renaissance als Wärmflaschenersatz; sie helfen gegen Rheuma, Hexenschuss und kalte Füße.
Die Vogelkirsche (Prunus avium), die nun zum „Baum des Jahres 2010“ ernannt worden ist, ist eine heimische Baumart, die im Frühjahr Hecken, Wälder und Waldränder verziert. Botanisch gehört sie zur Familie der Rosengewächse, innerhalb dieser zur Gattung der Pflaumen (lat. prunus) und gilt als Wildform unserer Süßkirsche, die dadurch ebenfalls geehrt wird. Bereits in den Stein- und Bronzezeit-Siedlungen wurden Kerne der Vogelkirsche gefunden. Etwa um 400 v. Chr. wurden aus der Wildform die heutigen Süßkirschen gezüchtet, wobei das Zentrum der Kultivierung in Griechenland und Kleinasien lag. Aus der Stadt Kerasos brachte der römische Feldherr und berühmte Feinschmecker Lukullus (70–37 v. Chr.) veredelte Kirschen mit nach Rom. Die Römer wiederum nahmen sie mit in ihre Provinzen.
In der Antike war der Kirschbaum Bestandteil der griechischen Mythologie und eng mit dem Fruchtbarkeitskult verbunden. In der Folgezeit hat sich der Brauch erhalten, am 4. Dezember, dem Namenstag der heiligen Barbara, Kirschzweige zu schneiden und sie in eine Vase mit Wasser zu stellen, damit sie zum Christfest aufblühen. Die Weihnachtsblüte bedeutete einst Glück für die Menschen sowie Fruchtbarkeit für die Ernte und das Vieh.
In der Symbolik steht die Kirsche aber auch für die Verführung zur Sinneslust. Der christlichen Kirche galt der Kirschbaum als Sinnbild für ein „gefallenes“ Mädchen. Als „Schandmaie“ wurden solch einer „sittenlosen Person“ am 1. Mai Kirschzweige vor die Tür gelegt.
Die zumeist länglich-ovalen Früchte der Vogelkirsche sind mit einem Durchmesser von bis zu 25 Millimetern deutlich kleiner als die der Zuchtform und schmecken oft bittersüß. Der wissenschaftliche Artname „Prunus avium“ geht auf die Vorliebe der Vögel (lat. avis) für die kleinen Früchte zurück. Das süßliche Fruchtfleisch ist gewissermaßen Anreiz und Belohnung für die mit dem Verzehr verbundene Verbreitung des Baumsamens, der im Innern des harten Steinkerns schlummert. Achtung: Für den Menschen ist der Fruchtkern giftig, da er Blausäureverbindungen enthält. Er darf also nicht verzehrt werden!
Vielfach wird heute aus den Wildkirschen Kirschwasser gebrannt, das übrigens gut gegen Schwächeanfälle und Bauchschmerzen wirken soll – von ihrem Beitrag zur Köstlichkeit einer „Schwarzwälder Kirschtorte“ ganz zu schweigen. Schon unsere Großeltern wussten um die Heilkraft der Kirsche. In der Erntezeit wurde eine gehörige Portion zu Saft gepresst und in Flaschen abgefüllt. Bei Grippe oder anderen fiebrigen Erkrankungen verabreichte man den Betroffenen diese Naturmedizin zur Erfrischung und um das Fieber zu senken. Bei chronischer Bronchitis verabreichte man einen Tee aus Kirschenstielen. Die Rinde des Baums half als Absud bei nervösen Störungen, Magenschmerzen und Gicht. In Wein gelöst sollte das Kirschenharz gegen Steinleiden helfen und mit Essig eingenommen vor lästigem Husten bewahren. Zu Pulver gemahlene Kirschkerne dienten zur Entwässerung des Körpers.
Die heilende Wirkung der Kirsche wurde 1999 in einer Studie der amerikanischen Michigan State University nachgewiesen. Demnach können Kirschen mithilfe ihrer Pflanzenfarbstoffe, den Anthozyanen, entzündliche Enzyme blockieren. Kirschen können demzufolge den Harnsäurespiegel im Blut senken und somit vielen Krankheiten vorbeugen, die durch Übersäuerung entstehen – wie etwa Gicht. Der Studie zufolge lindert Kirschsaft Muskelkater und kommt wegen seiner harntreibenden Wirkung auch bei Blasenentzündungen als Heilmittel zum Tragen. Wie alle pflanzlichen Farbstoffe wirken die Anthozyane antioxidativ, d.h. sie neutralisieren die Freien Radikale, die unsere Zellen angreifen und das Immunsystem stören. Daher zählen auch Kirschen zu den Nahrungsmitteln, die Krebs vorbeugen können. Mineralstoffe wie Kalium, Kalzium, Eisen, Magnesium, Phosphor und Kieselsäure tragen das ihre zur Heilkraft bei.
Bei der Proklamation des „Baum des Jahres“ am 22. Oktober 2009 im Berliner Zoo wies Dr. Silvius Wodarz, Präsident der Stiftung „Menschen für Bäume“ darauf hin, dass die Vogelkirsche seit Jahrtausenden ein Begleiter des Menschen sei. Hinsichtlich ihrer Ansprüche an Nährstoffen und Feuchtigkeit sei sie überaus genügsam und wachse sogar als Pionierbaum auf Schuttflächen. Aufgrund ihrer Hitze- und Trockenheitstoleranz könne sie tendenziell vom Klimawandel eher profitieren, weil sie gegenüber anderen Baumarten konkurrenzkräftiger sei.

Zubereitung und Anwendung

Aufguss: Eine Hand voll frischer Blätter in 1 l Wasser erhitzen (nicht kochen), 5 Minuten ziehen lassen und durchsieben. Davon täglich 3 Tassen trinken. Der Aufguss wirkt blutreinigend, harntreibend und regt die Lebertätigkeit an.
Absud: Eine Hand voll Blätter, Stängel und Rindenstücken in 1 l Wasser zum Sieden bringen. Gleich vom Feuer nehmen und durchsieben. Der Sud ist für die äußerliche Anwendung geeignet und hilft gegen Hauterkrankungen.
Kirschkernkissen: Getrocknete Kerne in ein Leinensäckchen oder Kissen füllen, im Backofen erhitzen und ins Bett oder auf empfindliche Körperstellen legen. Das hilft bei Rheuma, Hexenschuss und kalten Füßen.

Willi Dommer

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