Der Tanz als Gebet

Der Tanz ist die Widerspiegelung der menschlichen Geschichte in Bewegung. Er vermittelt Gefühle der Begeisterung, sogar der Ekstase. Durch den Tanz wird die Lebensenergie, die sich in der Freude offenbart, wieder frei. Der Sakrale Tanz, dessen traditionelle Form der Reigen- bzw. der Kreistanz ist, gehört zum ältesten Kulturgut der Menschheit. Bis in die ersten Jahrhunderte des Christentums war er in die religiöse Praxis und das Leben der Gemeinschaft eingebettet. Griechische Volkstänze, Drehtänze der Mevlevi- Derwische, indische Ritualtänze sind nur Beispiele dafür, wie die Kreistänze bis heute lebendig geblieben sind. Maria-Gabriele Wosien, Tochter des Tänzers, Ballettmeisters und Choreographen Professor Bernhard Wosien, führt die Arbeit ihres Vaters weiter. Als Tanzpädagogin und Autorin zahlreicher Bücher leitet sie Seminare für Sakralen Tanz auf der ganzen Welt. Im folgenden Interview, das NATUR & HEILEN im Rahmen der X. Konferenz für Humanistische Medizin mit ihr führte, zeigt sie, wie die Urform des Kreistanzes das Tanzen im Sinne einer Meditation, eines Gebets in Bewegung erfahren läßt.
„Am Anfang war Eurynome, die Göttin aller Dinge. Nackt erhob sie sich aus dem unendlichen Raum. Aber sie fand nichts Festes, worauf sie ihre Füße setzen konnte. Daher trennte sie das Meer vom Himmel und tanzte einsam auf seinen Wellen. Sie tanzte gen Süden, und hinter ihr erhob sich der Wind. Sie wandte sich um, erfaßte den Nordwind und rieb[…]