Lorenzos Öl
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Bei dem Öl handelt es sich um eine Substanz, die die Symptome der seltenen Krankheit Adrenoleukodystrophie (ALD) lindern kann. Augusto und Michaela Odone, Eltern eines an dieser Erkrankung leidenden Jungen namens Lorenzo, entwickelten es in den 1980er Jahren für ihn als Medikament und ließen es unter dem Namen Lorenzos Öl patentieren. Im Alter von sechs Jahren brach bei Lorenzo die ALD aus. Es begann mit Aggressionsausbrüchen, gefolgt von Gleichgewichtsstörungen, dem Verlust des Augenlichts und des Hörsinns. Das Krankheitsbild wird im Allgemeinen beschrieben mit: Unkonzentriertheit, emotionale Labilität, Hyperaktivität, schulischer Leistungsabfall, Gangauffälligkeiten, Hör- und Sehstörungen, Beeinträchtigung des Sprechens,Demenz, rasches Fortschreiten der Erkrankung bis zum Tod. Bei Lorenzo schätzten die Ärzte seine weitere maximale Lebenserwartung auf zwei Jahre.
Lorenzo’s Vater, der über keine medizinische Ausbildung verfügte, führte aufgrund dieser Aussage sehr umfangreiche Recherchen über ALD durch. Zudem nahm er Kontakt zu diversen Fachkräften und Betroffenenkreisen auf. Er stieß dabei auf Studienergebnisse, bei denen eine Teilgruppe der Studie Substanzen zu sich genommen hatte, die sich lindernd auf das Krankheitsbild auszuwirken schienen. Chemische Untersuchungen zeigten, dass es sich dabei um eine bestimmte Ölsorte in der Nahrung handelte. Es folgten viele Experimente, aus denen sich später ein Gemisch aus Olivenöl- und Rapsölbestandteilen entwickelte. Bei Lorenzo zeigte sich durch die Einnahme des Öls ein deutlich verzögerter körperlicher und geistiger Verfall.
Bei der ALD soll es sich um eine vererbbare Störung im Abbau sehr langkettiger gesättigter Fettsäuren handeln. Diese Fette werden normalerweise innerhalb der Zellorganellen abgebaut. Als Organellen bezeichnet man die innerhalb einer Zelle befindlichen Systeme. Bei ALD-Erkrankten kommt es jedoch vor allem in der Nebennierenrinde und in der weißen Gehirnsubstanz zu einer Anhäufung der Fettsäuren. Der Name der Erkrankung Adrenoleukodystrophie setzt sich zusammen aus "adreno": die Nebenniere betreffend (lat.), aus "leukos": weiß (griech.) und "dystrophie": Funktionsstörung (griech.). Da sich die Fettsäuren auch in Zellmembranen einlagern, vertreten Mediziner die Hypothese, dass es bei den Erkrankten zu einer Veränderung der Membranstruktur des Myelins kommt, d.h. der fetthaltigen Isolationsschicht, die unsere Nerven spiralförmig umwickelt. Diese Umhüllung ist für die störungsfreie Weiterleitung der elektrischen Impulse über die Nervenbahnen entlang verantwortlich. Ist die Weiterleitung von Impulsen behindert, kann dies zum geistigen und motorischen Verfall der Erkrankten führen.
Zahlreiche Studien konnten in den vergangenen Jahren aufzeigen, dass bestimmte Zellen des Nervensystems in der Lage sind, neues und funktionstüchtiges Myelin zu bilden. Diese Zellen müssen für den Menschen noch weiterentwickelt werden, um dann auf dem Wege einer Transplantation den Wiederaufbau des Myelins bewirken zu können.
Die Eltern Odone setzten ihre ganze Kraft dafür ein, ihrem Sohn helfen zu können. Doch dieser enorme Einsatz ist nicht nur ihrem Sohn zugute gekommen. Seit dieser Zeit hat es sehr viele Forschungen auf dem Gebiet der ALD und weiterer Leukodystrophien, wie z.B. AMN und ALMN, gegeben. Zudem hat Augusto Odone das "Myelin Projekt" (www.myelin.de) ins Leben gerufen. Dieser Verein ist in den USA, Italien, England, Kanada, Türkei und in Deutschland tätig und bietet – ebenso wie der "Bundesverein Leukodystrophie" (www.bvlev.de) – Betroffenen seine Hilfe an.
Lorenzos Öl ist eine 4:1 Mischung aus Glycerin-Trioleat und Glycerin-Trierukat (den Triglyceriden der Erucasäure und der Ölsäure), es soll die Bildung von langkettigen gesättigten Fettsäuren im menschlichen Körper reduzieren. Das Öl kann die Krankheit nicht heilen. Aber in Verbindung mit einer fettarmen Diät – bezogen auf die langkettigen gesättigten Fettsäuren – haben Studien ergeben, dass 90 Prozent der behandelten Patienten einen besseren klinischen Verlauf hatten als unbehandelte Patienten. Langkettige gesättigte Fettsäuren sind nicht nur in tierischen, sondern auch in pflanzlichen Fetten enthalten. Fettes Fleisch, Fleischwaren, Butter, Käse und Nüsse zählen zu den Nahrungsmitteln, die einen hohen Anteil dieser Fettsäuren aufweisen.
Eventuell erhält man Lorenzos Öl auf Rezept. Da es sich dabei aber weder um ein Heil- noch um ein Hilfsmittel handelt, werden die Kosten leider von den meisten Krankenkassen nicht übernommen.
Erhältlich ist Lorenzos Öl bei dem Hersteller SHS International in Heilbronn.
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