Schlafstörungen bei älteren Menschen: Melatonin-Gaben empfehlenswert?
Meine 88-jährige Mutter nimmt seit mehreren Jahren das Schlafmittel Zolpidem Beta ein. Da dieser Wirkstoff abhängig macht, überlegen wir, auf Melatonin umzusteigen. Der Hausarzt meint, sie sollte auf ihre letzten Tage ruhig das Schlafmittel weiternehmen, auch wenn eine Höherdosierung notwendig sei.
Antwort
Viele Menschen, darunter meistens Frauen und ältere Menschen, nehmen regelmäßig Schlafmittel ein. Häufig werden Mittel verordnet, die eigentlich nur für die Kurzzeittherapie von Schlafstörungen zugelassen und empfohlen sind, dazu gehört z.B. auch der Wirkstoff Zolpidem. Als Dauertherapie sind diese Medikamente – vor allem bei jüngeren Menschen – nicht ratsam, denn es besteht ein Abhängigkeitspotential und gerade bei jungen Menschen gibt es bei Langzeiteinnahme Hinweise auf mögliche strukturelle Veränderungen im Gehirn. Bei älteren Menschen, die diese Schlafmittel oft schon über Jahre hinweg nehmen, wird in der Praxis oft anders vorgegangen, man beruft sich hier auf Erfahrungswerte. Viele ältere Menschen können ohne die regelmäßige Einnahme von Schlafmitteln oftmals kaum noch zur nächtlichen Ruhe finden. Es ist in diesem Fall nicht ratsam, einen fast 90-jährigen Menschen nochmals auf eine andere, neue Medikation umzustellen, dies wäre wahrscheinlich für Körper und Geist sehr anstrengend – so zumindest die Erfahrung aus der Praxis.
Der Gebrauch von Melatonin ist bisher nicht ausreichend erforscht und es liegen bisher keine aussagekräftigen Langzeitstudien vor, die das Wirkungs- bzw. Nebenwirkungsprofil genügend beleuchten. Daher ist die längere Einnahme bzw. die Einnahme von Melatonin generell fraglich und vom derzeitigen Wissensstand aus auch nicht empfehlenswert.
Eine Möglichkeit wäre bei älteren Menschen, den erhöhten Bedarf an Präparaten wie Zolpidem mit pflanzlichen Wirkstoffen auszugleichen.
Es gibt eine Reihe gut wirksamer und erprobter Heilpflanzen wie Melisse, Hopfen und Baldrian, die – regelmäßig und korrekt dosiert genommen – ähnlich gute Wirkungen erzielen wie allopathische Medikamente. Empfehlenswert wäre es also, die bisherige Dosis von Zolpidem beizubehalten (also möglichst nicht zu erhöhen) und dafür phytotherapeutische Extrakte hinzuzugeben. Sinnvoll sind hier vor allem die Zubereitungen aus Pflanzenextrakten; homöopathische Mittel werden im konkreten Fall eher weniger helfen.
Die pflanzlichen Mittel können hierbei ruhig in höherer Dosis gegeben werden, allerdings sollten sie regelmäßig genommen werden, ein Wirkungseintritt ist frühestens nach etwa 7–10 Tagen zu erwarten.
Wichtig ist noch zu erwähnen, dass gerade ältere Menschen nicht mehr so viel Schlaf brauchen, auch dies sollte man Betroffenen mitteilen, um den Erwartungsdruck, schlafen zu müssen, zu reduzieren. Fälschlicherweise wird oft angenommen, auch im höheren Lebensalter (ab 60. Lebensjahr aufwärts) immer noch 7–8 Stunden pro Nacht schlafen zu müssen. Das Schlafbedürfnis nimmt jedoch mit steigendem Lebensalter ab und meist reichen dann etwa 6 Stunden pro Nacht aus, viele 80-Jährige schlafen nur noch etwa 5 Stunden pro Nacht, dies ist aus medizinischer Sicht völlig ausreichend.
Kontraproduktiv ist außerdem der so oft durchgeführte Mittagsschlaf, den gerade ältere Menschen regelmäßig halten. Er führt zu einer erhöhten Einschlaf- und Durchschlafproblematik, dies ist aus der Schlafforschung seit langem bekannt. Betroffene, die Probleme mit der Nachtruhe haben, sollten also zunächst einmal ihren – wenn auch geliebten – Mittagsschlaf weglassen, dann stellt sich die oft ersehnte nächtliche Ruhe manchmal ganz von selbst wieder ein.
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