Überbein: Hartnäckig, aber ungefährlich
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Überbeine können schmerzhaft sein und jede Bewegung zur Tortur werden lassen. Beim Überbein (Ganglion) handelt es sich um eine besondere Art der Gelenkdegeneration. Betroffen ist der Bereich der Gelenkkapsel oder des Sehnengleitgewebes vor allem an der Hand (bei zwei Drittel der Fälle) und am Fuß, und deswegen trifft es Sportler besonders oft. Allerdings ist unter Frauen die Überbeinquote dreimal so hoch wie bei Männern. Die Gründe dafür liegen noch im Dunkeln.
Ansonsten ist das Überbein gut erforscht. Es handelt sich bei ihm nicht etwa um einen neuen Knochen (aufgrund dieses Verdachts erhielt es überhaupt erst seinen Namen) oder um einen heimtückischen Tumor, sondern um eine gutartige Weichteilgeschwulst. Man stellt sie sich am besten als einen Luftballon vor, dessen Stil mit einer kranken Stelle am Gelenk oder einer Sehne verbunden ist und von dort mit „Gelenkschmiere“, der so genannten Synovialflüssigkeit gefüllt wird – eine gefüllte Zyste also. Die Zyste wird dadurch immer dicker und entwickelt sich zur unansehnlichen Beule. Eine Therapie ist in diesem Stadium aber noch nicht nötig, denn Überbeine sind ungefährlich und die Hälfte von ihnen verschwindet binnen der nächsten sechs bis neun Monate von selbst.
Problematisch wird es, wenn die Zyste auf Nerven- oder Blutbahnen drückt. Dann können Taubheitsgefühle und Schmerzen eine Therapie erforderlich machen. Beherzte Therapeuten bringen die Zyste durch starken Druck zum Platzen, die Flüssigkeit wird dann langsam vom umliegenden Gewebe resorbiert. Garantie auf längerfristigen Erfolg hat diese Maßnahme nicht, weil sich das Überbein wieder neu bilden kann. Die ähnliche traditionelle „Brockhaus-Methode“, das Überbein einfach mit einem Buch oder einem anderen schweren Gegenstand aufzuschlagen, gilt als überholt. In der Fachliteratur sind als Folge solcher Maßnahmen unter anderem Brüche beschrieben worden, manchmal wurden sogar schwere Gefäßschäden an der Speichenschlagader beobachtet.
Die weitaus bessere Alternative ist ein Besuch beim Arzt, der dann die Flüssigkeit aus der Zyste punktieren kann. Das zusätzliche Eindämmen der Entzündung durch Cortison ist in der Regel entbehrlich. Darüber hinaus kennt auch die Naturheilkunde Mittel gegen das Überbein. In der Homöopathie setzt man auf Ruta graveolens, wobei die Potenzierung von der Größe und dem Entwicklungstempo der Zyste abhängt, allerdings sollte individuell herausgearbeitet werden, welches Mittel am ehesten dem Zustand Ihrer Tochter entspricht. Und in der Schüßler-Therapie kann ein Versuch mit Calcium fluoratum gemacht werden. Doch egal, zu welcher dieser Therapien gegriffen wird: Danach bleibt ein etwa fünfzigprozentiges Risiko, dass sich die Zyste nachfüllt und abermals zur Geschwulst ausweitet. Doch es spricht ja gerade bei diesen Therapieformen nichts dagegen, die Behandlung auf mehrere Monate auszuweiten und dadurch möglicherweise eine Stabilisierung am Handgelenk zu erreichen. Dies erfordert jedoch das Fingerspitzengefühl eines Experten, der dafür die richtigen Potenzen einstellt.
Eine große Aussicht auf einen bleibenden Erfolg hat eine Operation, die aber natürlich auch ein gewisses Risiko darstellt. Sie kann einerseits konventionell erfolgen, durch einen etwa einen Zentimeter großen Schnitt, oder auch arthroskopisch, durch zwei bis drei millimeter-kleine Löcher, in die neben den OP-Instrumenten auch die winzige Kamera zum Beobachten des Eingriffs eingeführt wird. Wichtig ist, dass die ganze Zyste samt Stil entfernt wird. Dadurch sinkt das Risiko für eine Rückkehr des Überbeins auf etwa 10 Prozent. Die meisten Operationen können ambulant und unter Teilnarkose erfolgen. Anschließend sollte der Patient jedoch das operierte Gelenk für etwa sechs Wochen schonen.
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